Gemüsebau:
Wenn man unter Gemüse krautige Nutzpflanzen versteht, deren Blätter, Wurzeln, Knollen und Früchte in erster Linie dem Nahrungshaushalt der Familie dienten, so ergibt sich daraus, daß in den ma. Hausgärten Kraut- und Wurzelgewächse bevorzugt angebaut wurden; diese sollten die alltägl. Kost aus Brot und Wasser mit Nährstoffen aufwerten und geschmackl. bereichern. Überall in Mitteleuropa wurden als typische Gartenfrüchte Erbsen, Linsen, Bohnen, Wasser- und Herbstrüben, weiße und rote Rüben (Bete), Wurzeln und Möhren, Zwiebeln, Kresse und Salat sowie (mehr räuml. begrenzt) auch Rettich angebaut. Schließl. wurde in großem Ausmaß Kopfkohl (Rot- und Weißkohl) gepflanzt. Hinzu kamen - nach dem Capitulare de villis - verschiedene Kürbisgewächse, ferner Ampferarten, Pastinak, Wegerich und sogar Brennesseln. Als Würzpflanzen wurden wahrscheinl. schon früh Sellerie, Kümmel, Senf und Porree gezogen. Mit der Entfaltung der Städte wurden diese Küchengewächse auch in die städt. Gärten verpflanzt und jeweils nach den gestiegenen Ansprüchen der Bürger durch Zier- und Heilpflanzen ergänzt. In noch stärkerem Maße galt dies für die Gärten der Kl. und des Adels.
Der Gemüsebau wurde in Beetkultur betrieben; Spaten, (Holz-)Hacke und (Strauch-)Harke waren die verbreitetsten Arbeitsgeräte. Entsprechend dem Bedarf wurden mit dem Spaten Beete angelegt mit schmalen Zuwegen, damit jedes Gemüsebeet zur rechten Zeit besät oder bepflanzt, gehackt und geerntet werden konnte. Die wichtigsten Gemüsearten, die über den tägl. Bedarf hinaus große Mengen für die Vorratshaltung liefern sollten, erhielten eine bes. Pflege; sie wurden mit Stallmist gedüngt. Dieser wurde zusammen mit den menschl. Exkrementen und den Ernterückständen meist schon im Spätherbst in den Boden eingebracht, damit der Humifizierungs- und Mineralisierungsprozeß früh einsetzen konnte. Vor der Saat oder Pflanzung wurden die Beete in voller Spatentiefe umgegraben, die Bodenkrume wurde möglichst feinporig eben geharkt. Darin legte man die Samen und Knollen meist reihenweise aus und strich sie mit Erde zu. Nach dem Keimen und Auflaufen wurden die Pflanzenbestände pikiert und bei hohem Bedarf in große Beete (oder gar ins Feld) verpflanzt. Das Spätgemüse - bes. die Kopfkohlarten - wurde meist als Nachfrucht nach dem Frühgemüse (Kopfsalat, Kresse, Radieschen oder Spinat) gesetzt. Durch unterschiedl. Saat- und Pflanzzeiten erreichte man, daß den Haushalten über längere Zeit Frischgemüse zur Verfügung stand.
A. Schmid Lexma 6 1341-1342