Sonntag, 30. September 2007

Südfrüchte

Und hier wieder etwas über das Leben im Mittelalter.

Heute zum Thema: Südfrüchte

Anbau und Verwertung:
Der Anbau von Südfrüchten, unter denen in erster Linie Zitrusfrüchte, Feigen, Mandeln, Datteln und Rosinen verstanden werden, setzte in Europa überwiegend in der Antike ein. Die Dattelpalme war in Südwestasien und, als einzig hier angebaute Art, in den Mittelmeerländern weit verbreitet. Ähnliches gilt für den Feigen- und den Mandelbaum, der aber zudem seit dem frühen Mittelalter nördlich der Alpen, später als figboum, vigboum, feigenbaum etc. bzw. mandelboum u. a. bezeichnet, kultiviert wurde. Bei Mandeln unterschied man zwischen süßen und bitteren Früchten, zoll- und transporttechnisch zwischen geschälten und ungeschälten als beschlagenem Gut. In der Regel gelangten Feigen und Datteln nur getrocknet über die Alpen. Der Weinstock wurde nördlich der Alpen seit der Römerzeit angepflanzt, ab dem Hochmittelalter auch in klimatisch ungünstigeren Regionen (Wein). Die Früchte wurden zum Teil getrocknet und als Rosinen bzw. Weinbeeren gehandelt. Datteln, Feigen und Mandeln nutzte man in größerem Umfang für med. Zwecke. Rosinen, Mandeln und Feigen bildeten häufig, gemeinsam mit dem ebenfalls aus Südeuropa importierten Reis, die sog. »Fastenspeise« oder das »Fastengemüse«, ein Hinweis auf einen vorzugsweisen Verzehr dieser Lebensmittel zusätzl. zum Fischkonsum.

Handel: Nach der Überlieferungsdichte innerhalb der Zolltarife waren Mandeln, Feigen und Rosinen/Weinbeeren die wichtigsten gehandelten Südfrüchte, sie waren wohl auch für die Mittelschichten erschwinglich. Daneben transportierten die Kaufleute überwiegend in Südeuropa wachsende eßbare Kastanien, Granatäpfel, Pomeranzen, Zitronen/Limonen und Dörr- sowie teure Damaszenerpflaumen nach NW-Europa, wobei die Eintragungen in den tradierten Zollregistern auf ein eher geringes Handelsvolumen hindeuten. Bei Zitrusfrüchten fehlen eigene Tarifierungen bis zum Beginn des 16. Jh. vollständig, was gleichfalls auf nur geringe Handelsmengen verweist. In den Abrechnungen der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft sind sie nur selten erwähnt, sollen aber häufiger transportiert worden sein. Der Nürnberger Patrizier Anton Tucher erwarb Limonen ausschließl. zum Verschenken, Matthäus Runtinger nutzte Pomeranzen als Arznei. Nach den Tucher'schen Aufzeichnungen bezahlte man Pomeranzen und Zitronen/Limonen stückweise, die restlichen Südfrüchte nach Gewicht, wobei die in Europa deutlich später bekannten süßen Pomeranzen wesentlich teurer als die üblichen waren. Auch in pfälzischen Burghaushalten bereicherten sie den Speiseplan. Der mediterrane Handel mit Zitrusfrüchten war natürlich wesentlich intensiver. Beim archäologischen Nachweis von Pfirsichen ist von einem Anbau der von den Römern eingeführten Pflanzen im Umland auszugehen, wie beispielsweise für Haithabu oder Braunschweig belegt. Die archäolog. Funddichte ist für Feigen, Rosinen und Mandeln insgesamt hoch, die beiden erstgenannten dienten zudem als Süßungsmittel. Granatapfelkerne konnten für das späte 13. Jh. in Konstanz belegt werden, die wenig haltbaren Kerne dieser Frucht machen aber eine hohe Schwundquote wahrscheinlich. Granatäpfel mußten beim Transport gegen Druck geschützt sein, so daß sie ein Luxusgut blieben.
Wichtige Umschlagplätze für Südfrüchte waren besonders Venedig, Lyon und Barcelona. Transportiert wurden die Waren auf den üblichen Transitwegen von den it. Handelsplätzen über die Alpen und aus Südfrankreich über die Rhôneroute (Lyon) nach Oberdeutschland. Die spanischen und portugisischen Früchte gelangten überwiegend per Schiff nach Flandern, von wo aus der nordeutsche und südwestdeutsche Raum mitversorgt wurde. Aber auch der Weg über Italien wurde im Anschluß an den mittelmeer. Binnenhandel gewählt. Für Köln konnte Irsigler einen deutlich realen Preisrückgang auf Silberbasis für Mandeln und Datteln im 15. Jh. nachweisen, die dort gemeinsam mit Gewürzen u. a. als Drugwaren gehandelt wurden.

U. Dirlmeier/B. Fuhrmann [LexMa 8, 282-283]

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